Teamkoch Schmaus: "Ich bin ja nicht der Kindergärtner"

26.06.2024 15:15

Anton Schmaus träumt den Traum aller deutschen Fans. 14. Juli, Berliner Olympiastadion, "wir gewinnen den EM-Titel", hofft der Chefkoch der deutschen Nationalmannschaft mit leuchtenden Augen, "und ich habe damit frei!" Denn wenn der Pokal erst mal abgeräumt ist, meint Schmaus, "interessiert sich keiner mehr für mein Essen", dann dürften sich die "Jungs" auch an der nächsten Dönerbude eindecken, das wäre "mehr als verdient" - und Schmaus ein glücklicher Mann.

Dann fiele die "gesunde Anspannung" von ihm ab, die der Sternekoch bei seinem prestigeträchtigen und arbeitsreichen Nebenjob über fünf, sechs Turnierwochen bei der EURO 2024 im eigenen Land samt Vorbereitung spürt. "Wir dürfen keinen Tag nachlassen", sagt Schmaus. Auch wenn die Spieler am freien Tag mit den Familien am Pool planschen, steht er mit seinem sechs- bis achtköpfigen Team in der Küche. "Es wird dreieinhalb mal am Tag gegessen", sagt er. "Das muss passen und ist eine große Verantwortung."

"Kohlenhydrate jeden Tag"

Dabei ist Schmaus viel mehr als "nur" Spitzenkoch. Der 42-Jährige betreibt einen enormen organisatorischen Aufwand, vor allem rund um die Spiele: Absprache mit dem Hotel, Erkundigungen nach den Gegebenheiten im Stadion, Menüplanung, Einkaufen und mehr. Die Bedürfnisse der Stars hat Schmaus immer im Kopf.

"Mit Kohlenhydraten müssen wir sie jeden Tag versorgen", sagt er. Pasta in allen Variationen stehe "immer hoch im Kurs, das ist Soulfood für uns alle", Hühnchen sei ein "Dauerbrenner". Daneben liefe "gefüllte Rote Bete gut", Maultaschen seien nicht nur bei Jamal Musiala sehr beliebt, auch Curry komme an oder Sushi nachts im Bus. "Abwechslungsreich muss es sein", sagt Schmaus, der in Regensburg mehrere Restaurants betreibt. Hier und da streut er Gerichte aus seiner niederbayerischen Heimat ein.

Wenn der Druck nach dem Spieltag abfalle, sagt Schmaus, der aus einer Gastronomen-Familie stammt und "immer Koch werden wollte", müsse sich dies "in der Küche widerspiegeln". Dann, sagt er großzügig, "muss man den Spielern mal gezielt was Gutes tun."

Bier? "Es geht ums Maß"

Nach dem Vorrundenabschluss gab es ein Barbecue und Eis, nach dem Traumstart gegen Schottland Schnitzel mit Pommes - natürlich "nicht ausfrittiert", wie Schmaus betont, sondern "sauber ausgebacken, dann ist es absolut vertretbar", obwohl er schmunzelnd von einem "Cheatday" spricht, einem "Schummel-Tag".

Ist sogar mal ein Bierchen erlaubt, etwa für den zweimaligen EM-Torschützen Niclas Füllkrug? "Wenn er uns jedes Mal in die nächste Runde schießt", sagt Schmaus und lacht, "soll er das gerne machen." Es gehe um das Maß, "da achten die Jungs sehr genau drauf."

Schmaus ist Ernährungsexperte, kein Gesundheitsapostel. Die Profis, sagt er, wüssten genau, was ihnen gut tue. "Wenn sie das Gefühl haben, sie brauchen ein Stück Schokolade, ist das vollkommen in Ordnung." Er räume nichts weg, "ich bin ja nicht der Kindergärtner", aber: Er stelle auch "nichts offensiv auf", was zu kleinen Sünden verleite.

"Schön, wenn Spieler sagen: super Essen"

Lieber geht Schmaus auf individuelle Bedürfnisse wie die des Veganers Chris Führich oder Fragen ein. "Warum schmeckt das so viel besser?", höre er öfter. Julian Nagelsmann halte sich eher zurück. "Solange der Bundestrainer nichts sagt", meint Schmaus, "sollen wir so weitermachen."

Am liebsten bis zum Titel. Einen Stern oder Pokal wie auf den Spielertrikots will er auf seiner weißen Kochjacke dann nicht sehen. "Das brauche ich nicht", sagt Schmaus. "Es ist einfach schön, wenn die Spieler sagen: super Essen!"